Bäume und Sträucher müssen zu Nachbarparzellen einen gewissen Abstand einhalten. Wie gross der einzuhaltende Pflanzabstand ist, ist kantonal unterschiedlich und hängt vor allem von der Pflanzenart und -höhe ab.
Das Anpflanzen von Bäumen, Hecken und Sträuchern an der Parzellengrenze ist eine wirksame Möglichkeit, um das eigene Grundstück vor neugierigen Blicken und ungebetenen Gästen zu schützen. So ansehnlich und praktisch solche Anpflanzungen für die eine oder den einen sein können, so störend sind sie unter Umständen für die Nachbarin oder den Nachbarn. Wie nahe dürfen Pflanzen also an der Grenze zum Nachbargrundstück stehen?
Kantonale Regelungshoheit
Für die Regelung der Pflanzabstände sind die Kantone zuständig (Art. 688 ZGB). Für die Ermittlung der zu beachtenden Pflanzabstände ist also zunächst entscheidend, wo – sprich: in welchem Kanton – die Pflanzen stehen bzw. zu stehen kommen sollen. Je nachdem ist ein anderes kantonales Gesetz einschlägig.
Pflanzabstände im Kanton Aargau
Im Kanton Aargau werden im Hinblick auf die Pflanzabstände grob zwei Pflanzenarten unterschieden: «Grünhecken» und «andere Pflanzen». Als «Grünhecken» zählen gleichartig wachsende Bäume oder Sträucher, die in einer Linie so dicht beieinanderstehen, dass sie den Eindruck einer Wand vermitteln (z.B. Lebhäge aus Thuja oder Hagebuche). Hochstämmige Bäume (z.B. Kastanien und Linden) und niederstämmige Bäume (z.B. Zwerg- und Zierbäume) sowie Sträucher (z.B. Brombeere und Himbeere) gelten als «andere Pflanzen».
Grünhecken müssen in der Bauzone einen Abstand von 0.60 m zur Parzellengrenze einhalten und dürfen maximal 1.80 m hoch sein (§ 72 Abs. 1 EG ZGB). Bei höheren Hecken gilt ein grösserer Grenzabstand.
Für die anderen Pflanzen gelten innerhalb der Bauzone folgende Pflanzabstände, die ab der Stockmitte gemessen werden (§ 73 Abs. 1 EG ZGB):
Pflanzenhöhe |
Abstand |
bis zu 1.80 m |
kein Abstand erforderlich |
1.80–3.00 m |
1.00 m |
3.00–7.00 m |
2.00 m |
7.00–12.00 m |
halbe Pflanzenhöhe |
mehr als 12.00 m (Nuss-, Kastanien- und andere Bäume) |
6.00 m |
Abweichende bzw. ergänzende Vorschriften gelten bei Pflanzen an der Grenze zu Waldboden, Rebland und Landwirtschaftsland. Eine hier nicht vertiefte Spezialkategorie bilden Reben und Obstbäume mit einer Höhe über 7.00 m.
Die heute geltende, vorstehend dargestellte Pflanzabstandsregelung wurde am 1. Januar 2018 in Kraft gesetzt. Für Pflanzen, die vor dem 1. Januar 2018 gepflanzt wurden und die heute geltenden Bestimmungen verletzen, kommt jene gesetzliche Regelung zur Anwendung, die zum Pflanzzeitpunkt in Kraft war (§ 106 EG ZGB).
Verletzung von Pflanzabständen
Verletzt eine Pflanze die Pflanzabstandsvorschriften, kann ihre Beseitigung verlangt werden, sofern der Anspruch noch nicht verwirkt ist. Verwirkung wird angenommen, wenn die Verletzung der Abstandsvorschriften über eine gewisse Zeit widerstandslos hingenommen wird. Wie lange die Duldung andauern muss, damit der Beseitigungsanspruch verwirkt, ist kantonal unterschiedlich. Im Kanton Aargau gilt eine Verwirkungsfrist von 30 Jahren als Richtlinie (BGer 5D_80/2015, E. 3.1; AGVE 1990, S. 20, E. 6b; AGVE 1982, S. 31, E. 6b/aa).